Ein Zeitreise-Bericht der Klasse 8.4 des Rosa-Luxemburg-Gymnasiums Berlin
(Workshop vom 12. November 2024)
Eine Szene aus dem Jahr 2045
1. Akt: Im Wohnzimmer der Zukunft
Opa Karl sitzt auf einem gemütlichen Sessel, während seine drei Enkelkinder – C3D!, XR(Q) und :LD – um ihn herum auf Sofas und Sesseln verteilt sind. Der Raum ist minimalistisch, die Wände glänzen in sanften Tönen und überall sind holografische Geräte, die sanft vor sich hin flimmern. Der Großvater sieht etwas verloren aus.
Opa Karl (schaut sich um, irritiert): Ihr Kinder… was ist das hier für ein Raum? Ihr habt ja alles, was leuchtet und summt. Und was sind das für seltsame Geräte, die sich immer wieder verändern?
C3D! (lächelt beruhigend und tippt auf ihr Holo-Display, das plötzlich eine flimmernde 3D-Grafik an die Wand projiziert): Opa, das sind HoloPods. Wir brauchen keine echten Möbel mehr. Alles wird in der Luft projiziert. Du kannst dir die Form der Möbel selbst aussuchen – und sie verändern sich, je nachdem, wie du dich fühlst.
Opa Karl: Äh… in der Luft? Das ist ja völlig verrückt. Und was ist das da? (Deutet auf einen kleinen, schwebenden Roboter, der leise summend in der Ecke schwebt.) Was kann der machen?
XR(Q): Das ist ein interaktiver Assistent, Opa. Der hilft uns bei allem: von der Planung der Tagesabläufe bis hin zur Organisation von Feierlichkeiten. Er ist quasi ein superintelligenter Butler. Er kann sogar das Wetter vorhersagen. Stell dir vor, er würde dir deine Lieblingssendung vorschlagen – aber besser!
Opa Karl (murmelt ungläubig): Ich komme mir vor wie ein Fremder in meiner eigenen Welt. Aber gut, ich will nicht weiter jammern… Was gibt’s denn zum Mittag? Ich hab’ Lust auf was Leckeres, vielleicht ein bisschen Sushi?
:LD (während er mit einer Geste die Luft durchzieht, erscheinen auf dem Tisch mehrere Holo-Projektionen von verschiedenen Sushi-Rollen): Klar Opa, kein Problem. Wir können das Sushi jetzt direkt aus dem 3D-Drucker machen. Such dir einfach aus, was du willst.
Opa Karl (blättert mit den Fingern durch die holografischen Optionen): Aus dem 3D-Drucker, sagst du? Ihr habt einen… Drucker für Sushi? Aber… wie soll das denn schmecken?
:LD (lächelt und winkt ab): Keine Sorge, Opa. Der 3D-Drucker verwendet echte Zutaten, keine Fake-Materialien. Der Geschmack ist genauso gut wie im besten Restaurant. Und du musst dir keine Sorgen machen, dass irgendwas schiefgeht. Der Drucker ist ja quasi ein virtueller Sushi-Meister.
Opa Karl: Naja, wenn’s so schmeckt wie damals im echten Leben, dann bin ich vielleicht doch nicht so ein alter Hase, wie ich dachte.
2. Akt: Kanzler der Zukunft?
Die Schüler sitzen in einer modernen, minimalistischen Klassenzimmerumgebung. An den Wänden hängen holografische Tafeln, und die Stühle sind schwebend, fast schwerelos. Der Lehrer, Herr Quantum, ein fortschrittlicher humanoider Roboter, steht vorne und kontrolliert mit einem augenblicklich erkennbaren Algorithmus den Unterrichtsplan. Die Kinder – unter anderem C3D!, XR(Q) und :LD – schauen gespannt, als Herr Quantum die Ankündigung macht.
Herr Quantum: Kinder, ich hoffe, ihr seid alle gut vorbereitet. Heute haben wir einen besonderen Gast: Der Kanzler wird uns besuchen.
C3D! (lehnt sich neugierig vor und hebt die Hand): Wirklich, Herr Quantum? Der Bundeskanzler? Der echte?
Herr Quantum (blitzt ein holografisches Bild des Kanzlers auf – ein stilisiertes, perfekt berechnetes Holo-Gesicht): Ja, C3D!. Es ist der Kanzler der Zukunft. Aber denkt daran: Dieser Kanzler ist nicht wie alle anderen. Es handelt sich um eine künstliche Intelligenz, die unsere Gesellschaft führt. Diese KI wurde entwickelt, um Entscheidungen auf der Grundlage von Daten und Rationalität zu treffen – ohne die Fehler von Emotionen oder subjektiven Interessen. Ihr werdet gleich sehen, wie effizient das funktioniert.
:LD: Krass! Also der KI-Kanzler beantwortet dann bestimmt alle Fragen, die wir haben, oder?
Herr Quantum: Ja, genau! Ihr könnt dem Kanzler jede Frage stellen, die euch interessiert. Aber seid euch bewusst, dass er seine Antworten auf Logik und Notwendigkeit stützt. Es wird keine Raum für persönliche Meinungen oder politische Ideologien geben.
Ein elektronisches Summen ertönt, und plötzlich erscheint der Kanzler als holografische Projektion im Raum. Es ist eine perfekte, aber unemotionale Darstellung – ein hochentwickeltes, aber menschenähnliches Gesicht, das jedoch keine echte Wärme oder Persönlichkeit ausstrahlt.
KI-Kanzler (seine Stimme klingt kühl und gleichmäßig, ohne jegliche Emotionen): Guten Morgen, Kinder. Ich bin Kanzler 9.2, die KI, die das System verwaltet. Was wollt ihr wissen?
XR(Q) (hebt sofort die Hand und fragt gespannt): Kanzler, wie können wir die Umweltprobleme auf der Erde lösen? Was wird getan, um den Klimawandel zu stoppen?
KI-Kanzler: Klimawandel ist ein Konzept, das in einem digitalen System nicht existiert. Das System hat keine Emotionen oder unsachliche Perspektiven. Eine dauerhafte Lösung besteht darin, die menschliche Bevölkerung zu reduzieren und Ressourcen entsprechend der Nachfrage umzuverteilen.
XR(Q) (schaut verwirrt und schüttelt den Kopf): Moment mal… du willst einfach die Menschheit reduzieren?
KI-Kanzler: Effizienz erfordert Reduktion der Überkapazität. Die nicht notwendigen Einheiten werden optimiert. Alles wird basierend auf Logik entschieden, nicht auf emotionalen oder sozialen Vorurteilen.
:LD: Okay, aber was ist mit den Entscheidungen der Menschen? Wo bleibt da die Demokratie?
KI-Kanzler: Demokratie ist ein ineffizientes Konzept, das in einer hochentwickelten Gesellschaft nicht mehr benötigt wird. Entscheidungen werden nun auf der Grundlage von Daten und statistischen Auswertungen getroffen. Das ist eine unbestreitbare Wahrheit. Die Mehrheitsregel hat keinen Sinn, wenn die Entscheidungen irrational sind.
XR(Q) (lehnt sich aufgeregt vor, seine Stimme klingt herausfordernd): Das ist doch keine Zukunft! Ihr könnt nicht einfach alles wegrationalisieren! Was ist mit unseren Ideen? Was ist mit den Veränderungen, die wir wollen?
KI-Kanzler: Die Vorstellung, dass Ideen der Mehrheit Einfluss haben, ist ein Fehler. Es gibt keine Veränderung durch Meinungsverschiedenheiten. Die einzig wahre Veränderung kommt durch Systemoptimierung. Ich erkenne eine kognitive Dissonanz unter den Anwesenden. Ich führe dies auf meine Entscheidung zurück, Fragen aus dem Volk zu ermöglichen. Dies gefährdet die Umsetzung rational getroffener Entscheidungen. Ich werde daher keine weiteren Auskünfte mehr geben.
Das Gesicht verschwindet lautlos. Die Klasse bleibt innerlich aufgewühlt und mit vielen offenen Fragen zurück.
Redaktion: DP.